Die "Kriegsgeile" Welt: Von Einzelfällen zu Kollektivschuld

Zwischen Kriegsrhetorik und Ausbeutung: Wie der Westen Somalia zerstört und dann die Opfer diffamiert


In einer Welt, die zunehmend von Polarisierung und Konfrontation geprägt ist, scheint es, als würde eine kollektive "Kriegsgeilheit" – ein Begriff, der die Normalisierung von Aggression, Hetze und militärischer Rhetorik beschreibt – die öffentliche Debatte dominieren. Einzelfälle von Kriminalität oder Konflikten werden routinemäßig auf ganze Völker, Religionen oder Ethnien hochgeschaukelt, um Hass zu schüren und politische Agenden voranzutreiben. Nirgendwo wird das deutlicher als im Umgang mit Somalia und seiner Diaspora. Jüngste Aussagen des US-Präsidenten Donald Trump, der somalische Einwanderer als "Garbage" (Müll) bezeichnet, sind ein Paradebeispiel dafür. Doch diese Hetze ignoriert die jahrzehntelange Ausbeutung Somalias durch westliche Mächte, die maßgeblich für die Instabilität des Landes verantwortlich sind. Dieser Artikel beleuchtet die Verflechtung von globaler Eskalationsdynamik, rassistischer Rhetorik und historischer Ungerechtigkeit.Die "Kriegsgeile" Welt: Von Einzelfällen zu KollektivschuldDie Stimmung in der internationalen Politik und Medienlandschaft fühlt sich an, als würde sie systematisch auf Konfrontation getrimmt. In Europa, den USA und darüber hinaus werden Kriege und Konflikte nicht mehr als ultima ratio dargestellt, sondern als notwendiges Mittel zur "Verteidigung von Werten". Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine 2022 hat sich in westlichen Gesellschaften eine Rhetorik etabliert, die "Kriegstüchtigkeit" fordert – von Aufrüstungsbudgets in Milliardenhöhe bis hin zu Schulbüchern, die militärische Vorbereitung thematisieren. Medienalgorithmen auf Plattformen wie X (ehemals Twitter), TikTok und YouTube verstärken das: Hass und Angst generieren Klicks, weshalb Einzelfälle wie ein Terroranschlag oder ein Betrugsskandal sofort zu Generalisierungen führen. "Die Muslime", "die Russen" oder "die Somalier" werden pauschal in den Dreck gezogen, ohne Nuancen zu berücksichtigen.Diese Dynamik dient Eliteninteressen: Innere Probleme wie Armut, Klimawandel oder soziale Ungleichheit werden nach außen abgelenkt. Ein äußerer "Feind" schweißt zusammen und rechtfertigt Überwachung, Aufrüstung und Einschränkungen. In den USA eskaliert das zu Kulturkriegen, in Europa zu einer "neuen Kriegslogik", wie es in Analysen von Telepolis beschrieben wird. Das Ergebnis? Eine Welt, in der Diplomatie als Schwäche gilt und Hetze als "harte Wahrheit" verkauft wird.Trumps Tirade: Somalier als "Garbage" – Ein Akt der HetzeAm 2. Dezember 2025, während eines Kabinettstreffens im Weißen Haus, ließ US-Präsident Donald Trump eine dreiminütige Tirade gegen somalische Einwanderer los. Er bezeichnete sie als "Garbage" (Müll), sagte, Somalia "stinke" und sei "kaum ein Land", und forderte die Betroffenen auf, "nach Hause zu gehen und es zu reparieren". Speziell attackierte er die Kongressabgeordnete Ilhan Omar, eine somalischstämmige Demokratin aus Minnesota, als "inkompetent" und Teil des "Mülls". Trump warf der Community vor, Milliarden aus Sozialprogrammen zu "reißen", ohne beizutragen, und kündigte verstärkte Razzien der Einwanderungsbehörde ICE in Minneapolis-St. Paul an, wo rund 80.000 Somalier leben – die größte Diaspora in den USA. Diese Aussagen basieren auf Betrugsvorwürfen in Minnesota, wo Dutzende Personen – darunter einige Somalier – angeklagt wurden, COVID-Hilfen und Programme für Autismus missbraucht zu haben. Doch Trump eskaliert Einzelfälle zu einer kollektiven Verurteilung, was an seine früheren Bezeichnungen afrikanischer Länder als "shithole countries" erinnert. Reaktionen auf X zeigen die Polarisierung: Während einige Nutzer Trump applaudieren und Somalier pauschal als "Diebe" brandmarken, kontern andere mit Vorwürfen des Rassismus. Ilhan Omar nannte Trumps "Besessenheit" mit ihr "creepy" (unheimlich), und Minnesotas Gouverneur Tim Walz sowie Bürgermeister Jacob Frey verteidigten die Community als integralen Teil der Gesellschaft. Somalias Premierminister Hamza Abdi Barre reagierte gelassen: "Es ist besser, nicht zu antworten", da Trump "alle beleidigt". Diese Rhetorik schürt nicht nur Hass in den USA – mit Bedrohungen gegen Somalier vor Ort –, sondern verstärkt globale Spannungen. In Somalia nährt sie Frustration über die USA als "Verbündeten" im Kampf gegen Al-Shabaab, während sie die Diaspora stigmatisiert.Die Ausbeutung Somalias: Westliche Verantwortung für den "Failed State"Trumps Diffamierung wird besonders zynisch, wenn man die Rolle des Westens in Somalias Untergang betrachtet. Seit der Kolonialzeit hat der Westen das Land systematisch ausgebeutet und destabilisiert.
  • Kolonialismus (1884–1960): Europäische Mächte – Großbritannien, Italien und Frankreich – teilten das somalische Gebiet willkürlich auf, ignorierten ethnische Grenzen und schufen Kolonien wie British Somaliland und Italian Somaliland. Das führte zu langfristigen Konflikten, da traditionelle Sultanate wie das Isaaq oder Majeerteen zerschlagen wurden. Widerstand, wie der Dervish-Aufstand unter Mohammed Abdullah Hassan, wurde brutal niedergeschlagen.
  • Kalter Krieg (1969–1991): Somalia wurde zum Spielball von USA und Sowjetunion. Diktator Siad Barre, der 1969 putschte, wechselte von sowjetischer zu US-Unterstützung nach dem Ogaden-Krieg 1977. Die USA pumpten Milliarden an Waffen ins Land, um Einfluss zu sichern, was Barre ermöglichte, Opposition zu unterdrücken – einschließlich Bombardements von Städten wie Hargeisa 1988.
  • Wirtschaftliche Ausbeutung (1980er–heute): IWF und Weltbank zwangen Strukturanpassungen durch, die Staatsausgaben kürzten und Märkte liberalisierten, was zu Massenverarmung führte. Nach dem Staatskollaps 1991 nutzten westliche Firmen die Anarchie: Illegale Fischerei (vor allem europäisch und asiatisch) zerstörte die Küstenfischerei, was viele Fischer zu Piraten machte. Gleichzeitig wurde giftiger Müll – Industrie- und Atommüll – vor der Küste gedumpt, oft mit Mafia-Beteiligung, was Gesundheitskrisen verursachte.
  • Moderne Interventionen (ab 2001): Im "War on Terror" intervenierten die USA mit Drohnenangriffen und unterstützten Ethiopian-Invasionen 2006, die die Islamische Gerichtsunion (ICU) stürzten und Al-Shabaab stärken halfen. EU-Missionen wie Operation Atalanta bekämpfen Piraterie, ignorieren aber die Ursachen. Heute sichern westliche Konzerne (z. B. Exxon, Shell) Öl- und Gaslizenzen, während 70 % der Somalier von Hilfen leben.
Das Ergebnis: Somalia als "failed state", mit anhaltendem Bürgerkrieg, Hungersnöten (z. B. 2021–2023) und Massenflucht. Die Menschen, die fliehen, werden dann im Westen als "Problem" dargestellt.Fazit: Von Hetze zu Reflexion – Ein Aufruf zum WandelDie "kriegsgeile" Rhetorik, exemplifiziert durch Trumps Attacken, ist nicht nur rassistisch, sondern heuchlerisch: Der Westen zerstört Länder wie Somalia durch Ausbeutung und Interventionen, um dann die Opfer zu diffamieren. Statt Kollektivschuld zu schüren, brauchen wir Nuancen – Somalier als Lehrer, Krankenschwestern und Nachbarn sehen, nicht als "Müll". Der Widerstand beginnt im Kleinen: Quellen hinterfragen, Hetze ablehnen und für echte Diplomatie eintreten. Nur so entkommt die Welt der Eskalationsspirale.

Comments